Regionalkonferenz CattleHub – Intelligente Assistenzsysteme auf dem Weg in die Praxis
Am 08. September 2022 fand auf der Agrargenossenschaft in Memmendorf (Sachsen) und der Sauerlandmilch GbR (Nordrhein-Westfalen) die erste hybride Regionalkonferenz des Experimentierfeldes CattleHub statt.
84 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus landwirtschaftlicher Praxis, Forschung und Industrie nutzten die Gelegenheit und informierten sich Online bzw. live vor Ort über die Inhalte des Experimentierfeldes. Neben spannenden Vorträgen rund um das Thema »Digitalisierung in der Rinderhaltung« war es möglich an einem Stallrundgang auf den beiden Betrieben teilzunehmen. Dies war sowohl vor Ort in Präsenz als auch digital am Computer möglich.
In seinem Eröffnungsvortrag ging Herr Prof. Dr. Büscher, Projektsprecher CattleHub, auf die Aufgaben im Experimentierfeld ein und erläuterte den aktuellen Stand und die Herausforderungen der Digitalisierung in der Milchrinderhaltung. Direkt im Anschluss führte uns der Betriebsleiter der Sauerlandmilch GbR Johannes Schütte per Livestream durch den Produktionsbereich seines Milchviehstalles mit 240 Rindern und stellte die dort integrierte digitale Stalltechnik vor. Startpunkt des Rundgangs war das automatische Fütterungssystem, welches die Tiere über mehrere Fütterungseinheiten mit frischem Futter versorgt. Neben der automatischen Fütterung ist in der Sauerlandmilch GbR auch das Einstreuen der Boxen automatisiert. Die Nutzung zweier Melkroboter erleichtert den Melkprozess stark. Zudem werden tägliche Arbeiten, wie das Auffinden brünstiger, kranker oder generell auffälliger Tiere, durch einen Transponder am Hals der Tiere unterstützt. Einen Exkurs zur Datenhaltung und dem Datentransfer im Bereich Milchvieh ermöglichte Berthold Drilling der Firma dsp-Agrosoft im Anschluss an die Betriebsführung.
Im Verlauf des Tages präsentierten sich weitere Experimentierfelder und Projekte. So stellten EF SüdWest und BeSt-SH neben eigenen Demonstrationsprojekten im Wein- und Ackerbau auch die gemeinsame Farmwissenplattform vor. DigiSchwein präsentierte seine Arbeitsschwerpunkte im Bereich Sensorik im Schweinestall, während DigiMilch den Projektfokus auf die Sensorik im Milchrindstall und die Nährstoffkreisläufe im Betrieb legt. LANDNETZ setzte bei seiner Präsentation Live in Memmendorf den Schwerpunkt auf die Möglichkeiten von Campusnetz-Infrastruktur auf landwirtschaftlichen Betrieben und den digitalen Herdenschutz, sowie die Digitalisierung in der Kälberhaltung. Das Projekt IOL (Internet of Livestock) und das bundesweite Netzwerk
Fokus Tierwohl warteten mit Inhalten zu vernetzter Stalltechnik und Veranstaltungshinweisen für Tierwohlgerechtere Tierhaltung auf.
Nach der Mittagspause stellte die AG Memmendorf ihren Produktionsbereich vor. Die Agrargenossenschaft hält insgesamt 2100 Tiere. Davon werden 850 Milchkühe an insgesamt 15 Robotern gemolken. Neben den Melkrobotern nutzt der Betrieb seit einigen Jahren für die Hygiene der Stallgänge autonom fahrende Spaltenschiebereinigungsroboter und Saugroboter für den planbefestigten Vorwartebereich der Melksysteme. Weiterhin werden, vor allem zum Erkennen kranker und brünstiger Tiere, die Daten des Halsbandtransponders genutzt, der die Bewegungs- und Fressaktivität der Tiere misst und bei Abweichungen Alarme meldet. Darüber hinaus ist eine Lokalisationsfunktion vorhanden. Die abgeleiteten Aufgaben für die Mitarbeiter und die Nutzung der Assistenzsysteme im täglichen Arbeitsablauf waren ebenfalls Thema.
Heiko Neeland, Martin Wagner und Johanna Ahmann, vom Projekt CattleHub komplettierten den durchaus gelungenen Tag mit drei abschließenden Vorträgen. Heiko Neeland vom Thünen-Institut in Braunschweig erläuterte die Herausforderungen und Möglichkeiten, die ein Trackingsystem in der Milchrinderhaltung mit sich bringt. Unter anderem wurde dabei das im Projekt entwickelte Referenztrackingsystem »Open-Cattle-Hub« vorgestellt. Martin Wagner vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) stellte die ersten Ergebnisse der Systemuntersuchungen, welche im Rahmen des Experimentierfeldes durchgeführt werden, vor. Eine der Kernaufgaben im Projekt ist, die am Markt befindlichen und bereits auf Praxisbetrieben genutzten Assistenzsysteme auf ihre Stärken, Schwächen, Risiken & Chancen zu untersuchen. Dabei stellte Herr Wagner den als Grundlage für die Systemuntersuchungen erarbeiteten Untersuchungsrahmen und die ersten Ergebnisse daraus vor. Bisher wurden drei Assistenzsysteme tiefgehend beleuchtet. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden anschließend in einer Nutzwertanalyse verdeutlicht, welche der Projektpartner TU Chemnitz erstellt hat. Als Fazit fasste Herr Wagner zusammen, dass auf dem Markt viele Assistenzsysteme mit unterschiedlichen Funktionalitäten und Anwendungsbereichen verfügbar sind, es gleichzeitig aber nicht das eine Assistenzsystemsystem gibt, das alle Probleme löst. Hier sind vor der Anschaffung gezielte Vorüberlegungen zum individuellen Einsatznutzen auf dem Betrieb notwendig.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag von Johanna Ahmann (Universität Bonn). Dabei bezog sie sich auf die genauen Funktionen der drei untersuchten Assistenzsysteme und die gewonnenen Erkenntnisse, die Anwenderseitig aufgenommen wurden. Geplant ist es, auf dieser Basis Leitfäden zu erstellen, um andere Landwirte über die Eigenschaften der jeweiligen Systeme zu informieren und eine Handreichung zur Entscheidungsfindung auf milchviehhaltenden Betrieben zu erstellen.
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